Gewerkschaften in Tschechien fordern mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten
9.5.2018
Mehr Mindestlohn und gleichzeitig weniger Arbeitsstunden, das wird von den tschechischen Gewerkschaften gefordert. Der Dachverband ČMKOS , dem etwa 30 Gewerkschaften angehören, spricht davon, dass die Arbeitnehmer im Schnitt zu wenig Lohn erhalten würden und das trotz der starken Wirtschaftslage.
Immer mehr Angestellte bemühen sich aktiv für eine Erhöhung des Mindestlohns und eine Reduzierung der Arbeitszeiten. Obwohl das tschechische Bruttoinlandsprodukt ca. 90% des EU- Durchschnitts beträgt, liegt der Durchschnittslohn nur bei 30% des EU- Schnitts. Der aktuelle Mindestlohn, der momentan bei 12.200 CZK (ca. 480€) liegt, soll um etwa 12% auf 13.700 CZK (ca. 540€) angehoben werden. Der Verband ČMKOS will, dass diese neue Regelung ab Januar 2019 in Kraft tritt. Insbesondere die Arbeitgeberseite ist davon nicht sonderlich begeistert, da außerdem die Wochenarbeitszeit flächendeckend von 40 auf 37,5 Stunden reduziert werden soll. In 3/4 der Tarifverträge ist die 37,5 Stundenwoche schon festgesetzt. Die Gewerkschaften orientieren sich unter anderem am Beispiel der deutschen Metaller, die ihre Arbeitsstunden auf bis zu 28 Stunden die Woche reduzieren können. Davor wird vom tschechischen Industrie- und Verkehrsverband jedoch gewarnt, da eine solche Reduzierung auch weniger Lohn mit sich bringen würde. Auch Ministerpräsident Andrej Babiš lehnt eine solche Arbeitsverkürzung aufgrund des Fachkräftemangels und der starken Wirtschaft ab. Nichtsdestotrotz werden die Löhne langfristig ansteigen, da auch die Arbeitgeber immer mehr unter Druck geraten. Am Beispiel der Discounterkette Kaufland lässt sich gut erkennen, was passiert, wenn man seinen Mitarbeitern zu geringe Löhne zahlt.
Das Unternehmen Kaufland hat viele seiner Kassierer verloren, da sie mit der Bezahlung nicht zufrieden waren. Das fehlende Personal konnten sie nicht schnell genug ersetzen und es haben sich lange Schlangen an den Kassen gebildet, was wiederum die Kunden verärgert hat. Die Kassierer haben das Unternehmen gewechselt, um mehr Geld zu verdienen. Ein Unterschied im Gehalt von 1.000 CZK (ca. 40€) reicht oft schon aus, damit ein Kassierer seinen Arbeitgeber bzw. Job wechselt. Kaufland hat nun reagiert und den durchschnittlichen Lohn um 25% auf 24.000 CZK (ca. 950€) erhöht. Der Konkurrent Lidl hatte schon vorher reagiert und die Löhne auf durchschnittlich 28.000 CZK (ca. 1.100€) angehoben und somit dafür gesorgt, dass die Kassierer anderer Discounter zu ihnen gewechselt sind. Somit haben sie den Engpass an Angestellten im Vorhinein verhindert. Seit Erhöhung der Gehälter hat das Unternehmen außerdem 50% mehr Bewerbungen erhalten. Für die Arbeitnehmer ist zu hoffen, dass andere Discounterketten wie Billa, Penny oder Tesco nachziehen und ihre Angestellten besser bezahlen.
Quelle: Tschechisch-mährischer Gewerkschaftsbund (ČMKOS)
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